Theodor Heuss. Eine Stimme für Hitler

Theodor Heuss. Eine Stimme für Hitler
Köln: machiavelli-edition 2015
2. erweiterte Auflage 2016
ISBN 978-3-9815560-1-8
18.90 EUR
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Leider ist auch der Hinweis zu dieser zweiten Auflage im Artikel
Theodor Heuss in Wikipedia ist seit 2015 mehrmals gelöscht worden: „Theodor Heuss“ – Versionsunterschied.

1933, sechzehn Jahre vor seiner Wahl zum ersten Bundespräsidenten 1949, stimmte Theodor Heuss für das „Ermächtigungsgesetz“ Adolf Hitlers. Es öffnete dem nationalsozialistischen Staatsterror Tür und Tor. Sofort begann die Jagd auf die Menschen- und Bürgerrechte. Ihr Ziel war die Zerstörung der Freiheit, der Gleichheit, der Würde des Menschen. Hinter Heuss’ Zustimmung verbarg sich mehr an Einverständnis mit Hitler und dem Nationalsozialismus als das Stichwort „Ermächtigungsgesetz“ erkennen lässt. Heuss war für die Einbürgerung Hitlers, fand an der Bücherverbrennung 1933 nichts Besonderes und „kämpfte ein Leben lang gegen die entwurzelten jüdischen Literaten“, die er für die Judenverfolgung verantwortlich machte; er forderte „gesunde“ Kunst und die Begrenzung literarischer Freiheit.

Das Buch stellt die tradierte Sicht auf Heuss als Ikone des deutschen Liberalismus in Frage. Es setzt die Epochenanalyse deutscher Geschichte zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik fort, die mit „Kontroverse am Abgrund. Intellektuelle und <freischwebende Intelligenz> in der Weimarer Republik“ (1994) „Die Menschenrechte und ihre Feinde“ (2013) und zahlreichen Aufsätzen des Verfassers begonnen und weitergeführt wurde.

Rezensionen

Jochen Kastilan, Falsche Ikone der Demokratie. Theodor Heuss taugt weder als liberales Vorbild noch für den Freiheitsgedanken – Neue Bürgerzeitung, 21. April 2016 .


Sehr geehrter Herr Kollege Hoeges

– mit größten Interesse habe ich Ihr Theodor Heuss-Buch gelesen. Sie haben haben hier einiges aufgedeckt, was ich so bisher nicht gesehen habe.

Gratulation!

Beste Grüße

Julius Schoeps


Rezensionen

Der entzauberte Heuss

Theodor Heuss, von 1949 -1959 erster Bundespräsident der jungen deutschen Demokratie, im Volksmund liebevoll „Papa“ genannt, gilt bis heute gemeinhin als integrer liberaler oberster Repräsentant der Bundesrepublik nach Jahren des Mordes und Totschlags im Namen der Volks-, Blut- und Bodenideologie der Nazis.

Mehr noch, als Mitglied des Parlamentarischen Rates in Bonn an der Ausarbeitung des Grundgesetzes beteiligt, avancierte er bald  zum „Vater des Grundgesetzes“. Er schien aufgrund seiner Vergangenheit und seines patriarchalischen Habitus geeignet,  das Vertrauen der Welt in den Demokratiewillen Deutschlands wiederherzustellen. So weit, so gut. Oder doch nicht?

In seinem jüngsten Buch Theodor Heuss – eine Stimme für Hitler, machiavelli edition, Köln 2015, 18,90 €, kommt der Kölner Historiker und Romanist Dirk Hoeges zu einem ganz anderen Ergebnis .

Anhand zahlreicher, bislang teilweise unbeachteter Quellen, entwirft er das Bild Theodor Heuss’ als eines frühen Antisemiten, der die  „entwurzelten jüdischen Literaten“ verantwortlich für die Judenverfolgung der Nazis machte. Der die Bücherverbrennungen von 1933 bagatellisierte. Der früh für die Einbürgerung Adolf Hitlers war und 1933 durch seine Stimme für das Ermächtigungsgesetz, obwohl er es spätestens nach seinem Buch „Hitlers Weg“ hätte wissen müssen,  den Staatsterror der Nationalsozialisten und ihrer Schergen mit legalisieren half.

Dirk Hoeges weist mit wissenschaftlicher Akribie nach, dass Heuss sich bis 1944 immer wieder publizistisch im Umfeld brauner Ideologie betätigte und entsprechende Kontakte zu führenden Persönlichkeiten unterhielt. Von kritischer Distanz keine Spur, von ernsthafter Opposition schon gar nicht.

Der Autor zeichnet ein Bild des späteren Bundespräsidenten als lavierendem Opportunisten in eigener Sache, der, eine zentrale These des Buches, die Idee der Menschen- und Bürgerrechte als überpositives Recht, ganz anders als sein Zeitgenosse Gustav Radbruch in seinem berühmten programmatischen Text Fünf Minuten Rechtsphilosophie, zeitlebens nicht verstanden hatte, dieses Postulat noch im Parlamentarischen Rat ablehnte und deshalb auch später nicht zu vertreten wusste.

Mit fortschreitender Lektüre fragt sich der Leser, was eigentlich Theodor Heuss zum ersten Bundespräsidenten qualifizierte. Oder verfuhr man hier – viele waren durch ihre braune Vergangenheit vorbelastet, wenn nicht als Mittäter, so doch als Mitläufer und Profiteure wie der Hamburger Unternehmer Alfred C. Toepfer, zu dem Heuss auch nach dem Krieg beste Kontakte pflegte. Ganz nach dem Schema: Man kannte sich, man exkulpierte sich. Und verlieh sich bald schon gegenseitig Stiftungspreise und Bundesverdienstkreuze.

Dieses fulminante Buch von Dirk Hoeges ist geeignet, die Person von Theodor Heuss zu entzaubern und – vielleicht – auch die Theodor-Heuss-Stiftung wie so manchen ihrer Preisträger dazu zu bringen, sich zu fragen, ob Heuss noch zum Vorbild einer demokratischen Vorzeigeinstitution taugt.

Martin Bienotsch